Glückwunsch, da ist Kristina Hauff ein wirklich guter, psychologisch dichter, fein ausgearbeiteter Spannungsroman gelungen. Schon Cover und Titel finde ich sehr gelungen und lassen erfahrene Leser:innen ahnen, dass das wohl nichts wird mit dem entspannten Segeltörn durchs die schwedische Schärenlandschaft. Da braut sich was zusammen, könnte man vermuten. Und ohne zu viel verraten zu wollen: genauso kommt es...
Andreas und Caroline, beruflich erfolgreich als Jurist und Journalistin, erfüllen sich mit einem Segeltörn über die Ostsee einen lang gehegten Traum. Gemeinsame Zeit, Urlaub, nach Möglichkeit ohne Laptop und Handy. eine Auszeit vom stressigen Businessalltag. Dumm nur, zumindest aus Carolines Sicht, dass Andreas auf die Idee gekommen ist, seinen Juniorpartner Daniel und dessen Freundin Tanja einzuladen. Dieser verspricht sich vom gemeinsamen Segeltörn eine Verbesserung seiner Karrierechancen, Tanja ist eher skeptisch, wie sie die Zeit auf engstem Raum mit ihr nahezu unbekannten und nicht unbedingt sympathischen Menschen einigermaßen glimpflich überstehen soll. Und dann ist da noch der mysteriöse Skipper Eric.
Aus dieser Grundkonstellation konstruiert Kristina Hauff ein virtuoses Kammerspiel: fünf Personen auf engstem Raum, fünf ausgeprägte Individuen mit unterschiedlichen Interessen und Ambitionen, dazu die zunehmende Dramatik, durch das, natürlich, aufziehende Unwetter. Gekonnt variiert sie das bekannte Muster und lässt uns aus wechselnden Perspektiven an der voranschreitenden Erschütterung der Fassade und der Demaskierung von Lebenslügen teilhaben. Das alles vor der traumhaften, bisweilen bedrohlichen, Kulisse der schwedischen Schären.
Sehr schön finde ich, wie es der Autorin gelingt, ihre Leser:innen bei der Stange zu halten, obwohl die Protagonist:innen alles andere als sympathisch sind und nur in wenigen Momenten zur Identifikation einladen. Trotzdem liest sich das Buch sehr flüssig und entfaltet einen schönen Sog, dem ich gerne bis zum überraschenden Ende gefolgt bin. Und das, obwohl ich freiwillig keinen Fuß auf ein Segelboot setzen würde und auch ums Wasser eher einen Bogen mache.
Bernhard Sinn
Kristina Hauff, In blaukalter Tiefe, hanserblau, 2023 ,228Seiten