Kieu nennt sich Kim. Sie kann ihren Namen einfach nicht richtig vietnamesisch aussprechen und ihre deutschen Mitschüler:innen und Lehrer:innen können es natürlich auch nicht. Kim ist einfacher und lässt sich sogar manchmal auf Namenstassen finden. Dabei ist sie nach einer berühmten vietnamesischen Figur benannt, wie ihre Eltern ihr versichern.
Kim lebt mit ihren Eltern in Berlin. Sie hat einen hippen deutschen Freund, von dem sie sich heimlich einen Heiratsantrag wünscht.
Ihr Vater ist 1968 als Medizinstudent nach Deutschland gekommen. Manchmal denkt Kim, ihre Familie möchte fleißiger, klüger und strebsamer daherkommen als ihre deutschen Nachbarn.
Das Leben könnte mit oder ohne Heiratsantrag einfach so weitergehen, wenn nicht eines Tages eine Nachricht auf ihrem facebook-Account erscheint. Ihr Onkel Jon meldet sich aus Kalifornien.
„Es gibt etwas, was ihr wissen solltet.“
Die Familie hat längst keinen Kontakt mehr zu ihm und dem Rest der Familie. Über die Vergangenheit oder gar den Vietnamkrieg wird nicht gesprochen.
Vor und während der Reise nach Kalifornien wird die Familiengeschichte Stück für Stück aufgerollt. Warum war das Verhältnis des Vaters zu seiner Mutter zerrüttet? Welche Haltung gab es zum Krieg in Vietnam? Wie haben alle überlebt?
Der Roman beschreibt sehr einfühlsam das Spannungsfeld zwischen Nord- und Südvietnam in den 60er Jahren. Die antiamerikanische Protestbewegung des Westens wird lebendig.
Unterschiede, die Nord- und Südvietnam betreffen, werden für Leser:innen mit oder ohne Geschichtskenntnissen interessant beleuchtet.
Vor allem aber lernen wir die Familie der Protagonistin kennen und die Bedeutung von Schweigen und Verschweigen für das Miteinander, ihre Familienbrüche, die gewollt und ungewollt geschehen und eine sehr interessante Khue Pham, die uns ihre persönliche Geschichte schenkt.
Ein Buch, das unbedingt lesenswert ist, weil es eingängig und sensibel geschrieben ist, trotz teilweiser schwerer Thematiken ohne Anklagen auskommt, und einfach sehr erhellend ist.
Ich habe es sehr gerne gelesen und empfehle es allen weiter, die authentische, biographische, interessante Familiengeschichten mögen und verstehen wollen.
Heike Ruhe-Riemenschneider