Jasmin und Joe haben sich verliebt und wollen heiraten. Eine Liebesheirat, wie schön! Alles ganz einfach und nichts zu erzählen? Mitnichten!

Jasmin ist die Tochter bengalischer Einwanderer, konservativ und strebsam. Sie ist die wohlgeratene Tochter, Ärztin wie ihr Vater. Jasmins Bruder ist der Loser der Familie. Auch er hat ein Studium abgeschlossen, aber er bekommt als Soziologe mit schlechten Noten keine Stelle. Er sitzt zu Hause, verbreitet schlechte Laune und schiebt die Schuld an seiner glücklosen Existenz gerne anderen zu. Was den Vater zur Weißglut treibt. Die Mutter ist gläubige Muslima. Sie kümmert sich mit Leidenschaft um die Familie und alle hilfsbedürftigen Nachbarn.

Joe ist ebenfalls Arzt. Er lebt bei seiner Mutter, einer Salonfeministin aus reichem Hause. Harriet ist ein brillianter Kopf, schreibt Bestseller und führt einen intellektuellen Salon. Sie vereinnahmt alle Menschen um sich herum, reißt die Hochzeitsvorbereitungen an sich und bläst die bescheiden geplante Feier gleich mal auf mehrere hundert Menschen auf. Joe ist viel zu lieb und an seine exaltierte Mama gewöhnt, um sich dagegen zu wehren und Jasmin ist viel zu höflich und zu wohlerzogen, um zu widersprechen.

Am Anfang geht es ganz harmlos nur darum, ob die Eltern von Jasmin und die Mutter von Joe miteinander auskommen oder ob es einen Clash of Cultures geben wird. Aber das wird bald das geringste Problem sein. Schicht für Schicht seziert Monica Ali die heile Mittelstandswelt, bis am Schluss alles ganz anders ist, als es auf den ersten Seiten schien. Ich bin dem gebannt gefolgt. Einige Figuren kratzen manchmal am Klischee, aber das ist schnell verziehen. Ein Page-Turner, interessant, überraschend. Ich hatte noch nichts von Monica Ali gelesen – jetzt bin ich ein großer Fan!

Bärbel Hanauske

Monica Ali, Liebesheirat, Klett-Cotta 2022, 592 Seiten

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