Huih, was ist das denn? Ein Krimi? Dann ein sehr rasanter in allerbester Südstaaten- und Black Noir- Tradition. Eine Komödie oder Persiflage? Dann eine ausgesprochen schräge und lustige. Ein Mystery- Thriller? In Teilen auf jeden Fall. Ein hochaktueller, brisanter Gesellschaftsroman über den Süden der USA und die Geschichte der Lynchjustiz? Mit Sicherheit.
Das schöne ist, "Die Bäume" von Percival Everett ist alles das und mehr:
Im Städtchen Money(!), im Süden der USA, sieht sich Sheriff Jetty mit einer mysteriösen Mordserie konfrontiert. Innerhalb weniger Tage werden mehrere Männer brutal ermordet und dabei grausam verstümmelt (die pikanten Details will ich lieber nicht verraten
). Alle Opfer waren Angehörige der weißen Unterschicht, trailer trash, "dick, doof und weiß", wie es der Klappentext ausdrückt. Jetzt wird es spooky: an allen Tatorten findet sich eine weitere Leiche, die frappierende Ähnlichkeit mit dem 1955 gelynchten Schwarzen Emmett Till aufweist. Der Sheriff mag noch als halbwegs engagiert und um Aufklärung bemüht durchgehen, seine Deputies sind es definitiv nicht. Zum Unwillen kommt Unfähigkeit und Rassismus und als dann die Mordserie immer größere Ausmaße annimmt, werden zwei afroamerikanische Detectives zur Unterstützung geschickt. Die ortsansässige Polizei und die allgegenwärtigen Rednecks sind nicht begeistert. Die Beiden sind aus langjähriger Berufserfahrung allerdings Alltagsrassismus gewohnt und lassen sich davon wenig beeindrucken. Stoppen können allerdings auch sie die Mordserie fürs Erste nicht. Immer weitere Opfer tauchen auf, immer mehr afroamerikanische Ermittler:innen werden hinzu gezogen. Als die Serie auf den Norden übergreift, schließlich auch das FBI...
Everett gelingt es meisterhaft, die oben genannten Genres zu einem schlüssigen Ganzen zu verbinden. Der Krimiplot wird gekonnt mit Mystery-Elementen verwoben und mit lakonischem. teilweise absurdem Humor angereichert. Ein ungemein spannendes und unterhaltsames Buch. Wer darin eine Parabel auf die gespaltene Gesellschaft der USA in der Ära Trump sehen möchte, ist herzlich eingeladen.
Bernhard Sinn
